Der steinige Weg zu einem gendergerechten Unternehmen - eine tägliche Herausforderung
Der 8. März ist international die Markierung für die fehlende Chancengleichheit für Frauen. Als eine Agentur, die Softwareentwicklung anbietet, haben wir automatisch eine Situation, in der Frauen in der Minderheit sind, da in der Informatik wenige Frauen vertreten sind. Am 8. März haben meine Kolleginnen Madita und Farina mit einem Blogartikel auf den Weltfrauentag aufmerksam gemacht und das Thema Minderheit von Frauen in der IT beleuchtet. Ein gendergerechtes Unternehmen, in dem verschiedene Perspektiven aufgenommen werden und es sozial gerecht zugehen soll, hat viele Baustellen.
Der 8. März hat 1909 das erste Mal in den USA stattgefunden, um das Frauenwahlrecht und bessere Arbeitsbedingungen einzufordern. Seitdem konnte auch in Deutschland einiges von und für Frauen in diese Richtung erreicht werden. In Berlin ist der 8. März seit 2019 ein offzieller Feiertag. Das ist gut, um ein Zeichen zu setzen, jedoch müssen viele Probleme im Alltag gelöst werden, und das jeden Tag.
Mit der Coronakrise hat sich auch die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen deutlich gezeigt: Teilzeitarbeit und unsichere Arbeitsverträge, unbezahlte Arbeit zu Hause und branchenspezifische Berufe, die besonders betroffen waren (z.B. die Pflege), sind durch die Coronakrise stark belastet - und damit auch die Frauen, die dort arbeiten.
Auch in sicheren und gut bezahlten Jobs, wie bei uns in der Softwareentwicklung, hat sich die Coronakrise gezeigt. Eltern mussten zurückstecken, all ihre Organisationskünste hervorzaubern und haben auch gemerkt: Zeit und Kraft sind begrenzt. neuland hat eine für Eltern in Zeiten von Kita- und Schulschließungen weitreichende Entscheidung getroffen, die ein bisschen Umverteilung schafft: Das Limit für die Kind-Krank-Tage wurde aufgelöst. Zu welchen Anteilen jedoch die Kinderversorung von wem übernommen wird, wird allein ausgehandelt. Zumindest das Limit der Kind-Krank-Tage steht auch unseren männlichen Kollegen nicht im Weg.
Frauen in die Informatik!
Allerdings ist neuland ein Unternehmen, in dem Frauen deutlich in der Minderheit sind, was nicht daran liegt, dass keine Frauen eingestellt werden. Das Problem liegt auch stark in der Branche, weil Frauen allein schon im Studium in der Minderheit sind. Das liegt keinesfalls an dem immer wieder gekauten Klischee, dass sich Frauen nicht für Technik interessieren; dagegen sprechen viele Beispiele aus der Geschichte, und auch in der Informatik der Universitäten in Deutschland in den 1970er Jahren waren durchaus mehr Frauen vertreten als heute. Hierzu gibt es für die Analyse der Gegenwart verschiedene Zahlen, je nachdem, welche Fächer mit eingerechnet werden. Egal, wie es betrachtet wird, kommt der Anteil nie über 30 Prozent. Das ist der benötigte Anteil, bei dem davon gesprochen wird, dass Minderheiten nicht marginalisiert werden, nicht als Ausnahme behandelt werden und damit die Chance auf den gleichen Einfluss haben. Diese Herausforderung haben wir nicht nur bei neuland im generellen Unternehmenszusammenhang, sondern sie verstärkt sich, wenn wir in die Teams gucken. Wir arbeiten in Kundenteams in Größen von ca. sechs bis zwölf Leuten. Wenn wir alle Entwicklerinnen auf die Teams gleichmäßig verteilen würden, ergäbe sich ungefähr eine Entwicklerin pro Team. Wenn ein Team mit mehr als einer Entwicklerin zusammenarbeiten will, hat das zur Folge, dass in anderen Teams keine Entwicklerinnen mitwirken können. Wir haben also immer einen Schmerz an dieser Stelle.
Um diesem Problem schon vorher zu begegnen, machen wir zum Einen die im Blogartikel zum 8. März dargestellte Kooperation mit der Hochschule Bremen, in dem die Schülerinnen einen kleinen Einstieg ins Programmieren bekommen können. Konkret geht es darum, Mädchen für Informatik zu begeistern bzw. ihnen ein reelle Entscheidung zu ermöglichen. Dieses Jahr möchten sogar Teilnehmerinnen ihr Schulpraktikum bei neuland machen, vielleicht können wir hier bei einzelnen Mädchen etwas bewegen.
Zum Anderen haben wir eine Kooperation mit der Universität Bremen für die Informatica Feminale, die Sommeruni für Informatikerinnen und Ingenieurinnen, die dieses Jahr zum 25. Mal stattfindet. neuland macht ein Sponsoring für die Informatica Feminale und bietet eine Exkursion in unser Büro an, um den Studentinnen zu zeigen, wie so ein Büro für Softwareentwicklung aussehen kann. Organisiert wird das von der "Frauen in der Informatik"-Gilde bei neuland. Auch ein Signal an die Studentinnen: Sowas könnt ihr auch machen, tut euch als Frauen an eurem zukünftigen Arbeitsplatz zusammen und tauscht euch aus!
Equal Pay
In der "Frauen in der Informatik"-Gilde haben wir uns auch zu unseren Gehältern ausgetauscht bzw. zu unseren Einstufungen. Ich kann mich noch erinnern, dass unsere damals neue Kollegin Anna uns fragte: "Wisst ihr eigentlich voneinander, in welchem Radius ihr seid?" Und wir haben erstmal lange Gesichter gemacht. Aber über das Gehalt reden ist so wichtig, wie alle anderen Themen auch, da es ja in den Teams auch vorkommt, dass eine Entwicklerin alleine ist. Dieses Jahr fiel der "Equal Pay Day" auf den 7. März, einen Tag vor dem Weltfrauentag. Das ist der Tag im Jahr, bis zu dem Frauen im Durchschnitt in Deutschland seit Jahresbeginn unentgeltlich gearbeitet haben. Zumindest für den Teil, der bezahlt wird - die Reproduktionsarbeit, die Frauen nach wie vor mehr aufgeladen wird, ist sowieso unentgeltlich. Im Durchschnitt liegt die Differenz des Lohns für die Arbeit von Frauen im Vergleich zu dem von Männern in Deutschland bei 18 Prozent. Daraus wird das Datum des Equal Pay Days errechnet (18 Prozent von 365 Tagen ergeben 66 Tage).
Wir wollten bei neuland herausfinden, wie die Gehaltsverteilung bei Männern und Frauen im Vergleich ist. Bei einer Analyse 2020 stellte sich heraus, dass Entwicklerinnen in unserem mittleren Radius festhängen. Der Radius wird größer, je mehr Erfahrungen die Mitarbeitenden haben und bestimmte Verantwortungsbereiche abdecken. In den "Führungsradius" ist kaum eine Entwicklerin gekommen. Wir haben damals festgestellt, dass es nicht an der Länge der Berufserfahrung oder der Betriebszugehörigkeit liegt und auch nicht an dem Grad der Fort- und Weiterbildungen, Zertifikate oder Qualifikationen. Die Albright Stiftung nennt dieses Phänomen für die Vorstände der börsennotierten Unternehmen den "Thomas-Kreislauf": Vorgeschlagen werden für Führungspositionen immer solche Menschen, die einem selbst am Ähnlichsten sind in Alter, Herkunft, Geschlecht und Ausbildung. Bei den Vorständen in börsennotierten Unternehmen sind die Personen zu 86 Prozent männlich und im Alter von Anfang/Mitte 50 mit bestimmten Ausbildungen. Das zeigt auch das Problem der fehlenden Repräsentation von Frauen in Führungsbereichen bei neuland, auch wenn wir diese im klassischen Sinne nicht haben. Aber die Herangehensweise, die Führungsebenen nicht so explizit zu machen, führt nicht automatisch zu einer besseren Unterstützung von Frauen, und sie fordern es auch möglicherweise weniger häufig ein.
Zumindest hat die Analyse zu einer Sensibilisierung derer geführt, die die Gehaltsgespräche führen, und wir haben in mehreren Runden eine Fortbildung zu Unconscious Bias gemacht, um uns generell mit unserem eigenen "Schubladendenken" zu konfrontieren und es zu reflektieren. In dem Zeitraum haben wir uns auch aus anderen Gründen entschieden, die Radieneinstufung durch ein neues Gehaltsmodell abzulösen, das allerdings noch in der Entwicklung ist. Das neue Modell muss jedoch in der Zukunft auch unter Aspekten der Gendergerechtigkeit überprüfbar sein.
Ein wichtiger Bezugspunkt, um mit eigener Unsicherheit umzugehen, ist für einige Kolleginnen die "Frauen in der Informatik"-Gilde. Hier organisieren wir uns und gehen raus, nicht nur am 8. März! Das Titelbild zu diesem Blogartikel ist eine Wordcloud unserer Gilde und zeigt, was uns verbindet und mit was wir Feminismus in unserer Branche verbinden.
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