09.05.2018 von Silvia Spille

Silvia ist Lehrerin und verbrachte eine Woche bei neuland für ein Praktikum im Bereich Projektleitung. Hier erzählt sie von ihren Eindrücken und Erfahrungen.

Wie ich zu neuland kam und der erste Eindruck

Als ich mich am ersten Praktikumstag bei neuland als Lehrerin bei meinem Projektleiter Ralf vorstellte, fragte er, ob ich meinen Beruf wechseln möchte. Bisher hatte ich noch nicht darüber nachgedacht und meine Antwort war, dass ich vielmehr etwas von neuland für die Schule lernen möchte. Mir hatte nämlich bei der Suche nach einem Praktikum im Rahmen meines Weiterbildungsstudiums „Schulmanagement und Qualitätsentwicklung“ an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ein Bekannter geraten: „Wenn du ein Praktikum in einem richtig coolen Unternehmen mit einem tollen Arbeitsklima machen willst, dann musst du dich unbedingt bei neuland bewerben!“. Ich war erst skeptisch, was Schule von neuland, einem Softwareunternehmen, lernen kann, doch ein Blick auf die Homepage des Unternehmens ließ erahnen, dass das eine ganze Menge sein könnte, also bewarb ich mich bei neuland. Als ich nachfragte, ob ich im Bereich Personalführung ein Praktikum machen könnte, war die erste Antwort, dass es gar keinen Personalbereich gäbe, sondern dass Personalführung eher implizit ablaufe, was mich als ambitionierte Konzeptliebhaberin irritierte. Dann wurde mir aber erklärt, dass viele Aktionen durch Werte geprägt und nicht aufgeschrieben, sondern durch Vorleben weitergegeben würden und ich mir diese im Rahmen des Projektmanagements gerne angucken könne.

In Gesprächen mit Projektleitenden und technisch Leitenden wurde mir langsam deutlich, dass es bei neuland zwar keine niedergeschriebenen Konzepte zur Personalführung gibt, jedoch diese Vorgehensweise in Wirklichkeit gerade das eigentliche Konzept ist – ein agiles Arbeiten. Bei meinen Beobachtungen der Personalführung hat mir besonders die Kommunikationskultur im Unternehmen gefallen. Es wird viel miteinander interagiert und gelacht. Die Dinge werden offen kritisiert und ehrlich diskutiert: ob es Probleme mit den Kunden sind oder die unkonzentrierte Arbeitsweise eines Entwicklers. Ich konnte beobachten, dass auch Konflikte direkt angesprochen und nicht ignoriert oder als Initialzündung für mikropolitische Machenschaften ausgenutzt wurden. Auch die visuelle Kommunikation mit Bikablo-Bildern oder Organisationswerkzeugen wie Trello und ToDoist tragen ihren Teil zum Gelingen der Zusammenarbeit in den Teams bei. Auch als Praktikantin hatte ich immer einen guten Überblick und wurde über Termine informiert. Gehalts- und Qualifikationsradien, die es im Unternehmen gibt, werden transparent gemacht, die Mitarbeitenden genießen große Freiheiten und werden als individuelle Menschen mit ihren Stärken und Schwächen geschätzt. Partizipation wird großgeschrieben, jeder kann individuelle Akzente setzen und es gibt keine Hierarchien. In Teams wird erfolgreich gearbeitet und an erster Stelle steht die Gesundheit eines jeden. Gemeinsame Veranstaltungen und Feiern fördern das gute Arbeitsklima und halten die Mitarbeitenden bei Laune. Bei neuland sind Menschen wichtiger als Prozesse.

Hervorheben möchte ich besonders die Identifikation der Angestellten mit dem Unternehmen. Hierin spiegelt sich meines Erachtens der Erfolg der Personalerhaltung und -motivation bei neuland wider. Wer bei neuland arbeitet, ist stolz darauf und identifiziert sich mit diesem Unternehmen. Ralf erzählte mir, dass es auch schon Kollegen gab, die neuland verlassen haben, dann aber nach einigen Monaten gern wieder zurückkamen. Auch Freelancer Richard, der früher schon für neuland gearbeitet hatte, erklärte mir, dass er immer wieder gerne zurückkehre.

neuland hat sich in Deutschland innerhalb von nur 13 Jahren von einem kleinen Team zu einem renommierten Softwareunternehmen mit 122 Angestellten entwickelt. Einen großen Anteil daran stellt meiner Interpretation nach der Umgang mit dem Personal und die Tatsache, dass die Gesellschafter mutig genug waren, innovativ zu sein und sich beispielsweise für die damals neue Projektmanagementmethode der „agilen Softwareentwicklung“ zu entscheiden. Aus diesen Arbeitsweisen wurden Werte wie Respekt, Offenheit, Mut und der starke Wille zur Kommunikation in die Unternehmenskultur übertragen und werden seither täglich bei neuland gelebt. Diese Werte führen dazu, dass sich die Angestellten bei neuland wohlfühlen.

Auch als Praktikantin habe ich mich sehr wohl und wertgeschätzt gefühlt. So wurde ich z.B. am ersten Tag fast allen 122 Mitarbeitenden persönlich vorgestellt, obwohl ich nur für fünf Tage bleiben sollte und dem Unternehmen wahrscheinlich kaum Nutzen bringen würde. Überdies waren die Angestellten gerne bereit, sich für mich Zeit zu nehmen und in persönlichen Gesprächen alle meine Fragen zu beantworten.

Konsequenzen und Alternativen für die Schule

Ich werde die Ideen, mit denen ich bei neuland konfrontiert wurde, mit in meine Schule nehmen und versuchen, sie dort umzusetzen. Die agile Arbeitsweise bei neuland führt dazu, dass Prozesse der Softwareentwicklung regelmäßig erneuert und verbessert werden. Bedenkt man, dass der Lernprozess einer Schülerin oder eines Schülers ein ähnlicher Entwicklungsprozess ist, stellt sich die Frage, ob hier nicht auch agile Arbeitsweisen angewendet werden können. Jede Schülerin und jeder Schüler ist ein eigenständiges Individuum mit einer komplexen Persönlichkeit, die es schwierig macht, effektives und nachhaltiges Lernen in fachlicher, sozialer und methodischer Hinsicht zu ermöglichen. Vielleicht ist es sinnvoll, hierbei auf Scrum oder Kanban zurückzugreifen: Es könnte für jeden Schüler ein Board erstellt werden, auf dem erfasst wird, was er lernen muss, wie er dieses lernt, ob er es gerade lernt und ob er es anwenden kann. Das Visualisieren der verschiedenen Radien ist auch ein perfektes Feedback und ermutigt, sich stetig zu verbessern. Insbesondere die Projektmanagementmethode Kanban ist in abgewandelter Form perfekt für die Planung von Projekten in der Schule.

In meinem Praktikum wurde ich für das Thema „Schule in der digitalen Welt“ sensibilisiert. Die Digitalisierung betrifft den Lebens- und Arbeitsbereich aller Menschen und verändert zunehmend das gesellschaftliche Zusammenleben. Diese Entwicklung beeinflusst maßgeblich Lern- und Lehrprozesse in allen Bildungseinrichtungen. Sie aktiv zu gestalten und die Potentiale junger Menschen besser zu fördern ist fortlaufende Aufgabe aller Menschen, die an Bildungsprozessen beteiligt sind. Mir ist vor allem bewusst geworden, dass grundlegende technische Voraussetzungen in allen Bildungseinrichtungen geschaffen werden müssen.

Schlussendlich möchte ich mich bei Christina und allen anderen bedanken, die mir dieses Praktikum ermöglicht und mir so viel beigebracht haben!