26.03.2024 von Ralf Zarsteck

Retail Media bedeutet, Werbestrategien zu finden, die sich nahtlos in die Erfahrung der Kund*innen einfügen - besonders im nachhaltigen und kundenorientierten Handel. Eine durchdachte Planung und Optimierung der Werbemaßnahmen kann dabei helfen, den Wert eines Online-Shops deutlich zu steigern.

Im Dezember 2023 schloss Herr Blanks Drogerie im Bremer Viertel, ein Paradebeispiel für kunden- und produktzentrierten Einzelhandel, seine Türen. Zu oder nicht: Die Drogerie Blank bleibt Vorbild für einen Handel, der vor allem Brücke zwischen Kund*innenbedürfnis und Produkt sein will - immer als wirtschaftliche Veranstaltung, dabei unprätentiös sachkundig und mit gleich verteilter Zuneigung zu beiden Seiten. Mit diesem Handel - zu dessen digital-moderner Variante auch viele unserer neuland-Kunden zählen - wollen wir uns in diesem Beitrag beschäftigen. 


Das Wichtigste in Kürze vorab:

  • Retail Media sollte sich nahtlos in die Kund*innenerfahrung einfügen, um den Wert des Online-Shops zu steigern.

  • Die Verwendung von First-Party-Daten ermöglicht eine zielgerichtete Werbung, die den ökonomischen Erfolg von Händler*innen nachhaltig fördern kann, indem sie attraktive Werbeangebote für Drittparteien schafft.

  • Erfolgreiche Retail Media Strategien setzen eine nahe Verbindung zum Verkaufsprozess voraus, benötigen klar definierte Nutzer*innenprofile und sollten die Beziehung zu Kund*innen nicht gefährden.

  • Die Gestaltung von Werbemaßnahmen entlang der Customer Journey, insbesondere im Checkout Funnel, ist entscheidend für den Erfolg von Retail Media.

  • Ein effektiver Retail Media Ansatz erfordert sorgfältige Planung, die Entwicklung einer umfassenden Strategie und die frühzeitige Einbindung relevanter Stakeholder.

Definition: Was bedeutet Retail Media?

Retail Media bezeichnet im digitalen Marketing die Möglichkeit, Werbung innerhalb von Websites und Apps von Retailern oder auf Marktplätzen zu schalten. Anbietende können so ihre Sichtbarkeit im "Schaufenster" erhöhen. Im digitalen Kontext umfasst Retail Media die verschiedenen Formen von Werbung auf E-Commerce-Plattformen, die genutzt wird, um Produkte oder Dienstleistungen zu bewerben und den Verkauf zu steigern. Dabei können bspw. gesponserte Produktplatzierungen, Bannerwerbung auf der Startseite oder spezifische Werbemaßnahmen innerhalb der Suchergebnisse auf der Plattform zum Einsatz kommen. Der Vorteil von Retail Media ist, dass die Werbung in einem kaufrelevanten Umfeld und nah an der Customer Journey stattfindet, in dem Kund*innen bereits auf der Suche nach Produkten sind, was die Wahrscheinlichkeit eines Kaufabschlusses erhöht.
Retail Media ist ein moderner und zugleich traditioneller Einnahmequell im Handel, der durch die Nutzung von First-Party-Daten über Kund*innen ein attraktives Werbeangebot für Drittparteien (Marken, Hersteller, ergänzende Sortimente) kreiert. Ziel ist es, den ökonomischen Erfolg der Händler*innen nachhaltig zu fördern, unabhängig vom Kerngeschäft des Waren- und Dienstleistungsverkaufs.

Disclaimer: Fokus auf nachhaltigen Einzelhandel in der Retail Media Diskussion

Wir konzentrieren uns nicht auf die großen Plattformen mit ihren Monopolgewinnen durch Größen- und Netzwerkeffekte, wo das Geschäftsmodell hauptsächlich auf Media beschränkt ist. 

Wir betrachten auch nicht die neuen E-Commerce-Akteure wie She-In und Temu, die durch aggressives Preisdumping, Datenschutzverstöße und irreführende Praktiken auffallen.

Unser Augenmerk liegt weiter auf dem klassischen Handel "Blankscher Prägung" - den traditionellen, nachhaltigeren Einzelhändler*innen, die ihre Werbeentscheidungen im Shop pragmatisch und mit Bedacht treffen.

Claim: "Halte Deinen Laden sauber"

Auf dem neuland-Fachtag 2023 diskutierten wir mit Kund*innen und Partner*innen aus der Branche die Rolle von Retail Media. Im Fokus standen die Bedürfnisse von Shopverantwortlichen, die auf konstante Einnahmen und Kund*innenzufriedenheit abzielen.

Wir erörterten die Wirkung werblicher Inhalte in Shops, deren konversionsfreundliche Platzierung und entwickelten Richtlinien für den Einsatz von Retail Media, insbesondere im Hinblick auf den sorgsamen Umgang mit personalisierten Werbeinhalten.

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Unser Kollege Ralf Zarsteck bot beim neuland-Fachtag 2023 einen Workshop zum Thema Retail Media an.

Praxis: Do’s and Don’ts für Retail Media

Grundsätzlich gilt: Der Erfolg von Werbung in E-Commerce-Shops hängt davon ab, dass der Shop selbst reibungslos funktioniert. Die Kernelemente für erfolgreiche Retail Media Strategien umfassen:

  • Retail Media sollte nah am Verkaufsprozess agieren, wobei Werbeinhalte immer in Bezug zum Shop und der Customer Journey zu bewerten sind.

  • Die Strategie kann unterschiedliche Formen annehmen, wie Produktvorschläge und -Alternativen, Cross- und Upselling sowie ergänzende Angebote. 

  • Der Werbepreis korreliert mit der Shopfrequenz: Hoher Besucher*innenstrom führt zu hohen Retail Media Erträgen.

  • Zielgerichtete Werbung setzt detaillierte Nutzer*innenprofile voraus, die entweder vorhanden sein müssen oder aus der Customer Journey ableitbar sind.

  • Langfristige, belastbare Beziehungen zwischen Werbetreibenden, Kund*innen und Dienstleistenden sind für ernsthafte Erträge essentiell.

  • Der Fokus liegt auf erfolgreichen Transaktionen und der Entwicklung von Besucher*innen zu Kund*innen, basierend auf Vertrauen. Retail Media sollte diese Kund*innenbeziehung nicht gefährden.

Empfehlung: Nehmen Sie eine Außenperspektive auf Ihren E-Shop ein. Überlegen Sie, welchen Typ Shop Sie betreiben und welchen Mehrwert Sie Ihren Kund*innen bieten. Ist Ihr Erfolg durch ein spezialisiertes Sortiment, die Vielfalt oder günstige Preise bedingt? Überprüfen Sie, ob externe Werbung zu Ihrem Geschäftsmodell passt: In einem medizinischen Warenhaus oder Fachbuchhandel könnte sie unpassend sein, während sie in einem Zeitschriftenladen neutral oder in einem Shopping Center bzw. Markenshowroom sogar erwünscht sein könnte. Stellen Sie fest: Werbung ja, aber nur passend?

First Party Daten: Schlüssel zum Erfolg in Retail Media

Retail Media ermöglicht es Händler*innen ihr Wissen über Kund*innen direkt zu monetarisieren. Der Grundsatz lautet: Je genauer die Kenntnis über die Kundschaft, desto zielgerichteter die Werbung und somit höher der Preis für Werbeinhalte. Ob es sich um Stammkund*innen, Gelegenheitsbesucher*innen oder spezifisch interessierte Käufer*innen handelt: First Party Daten spielen eine zentrale Rolle.

Aktuell beschränkt sich deren Einsatz oft noch auf grundlegende Informationen wie Standort im Shop, Geschlecht und wenige andere, meist session-basierte, Daten. Eine umfassende Nutzung dieser Daten zur präzisen Ausrichtung von Werbung findet selten statt, obwohl externe Plattformen ein weitreichendes Interesse an solch detaillierten Informationen zeigen. Trotz datenschutzrechtlicher Bedenken wird vermutet, dass diese Daten für Plattformbetreibende im Vergleich zum Nutzen für Werbetreibende oder E-Shops von größerem Interesse sind.

Empfehlung: Starten Sie mit einer vorsichtigen Weitergabe von First Party Daten, überwachen Sie deren Nutzung regelmäßig und prüfen Sie die rechtlichen Rahmenbedingungen vorab. Eine pauschale Datenfreigabe ohne Kontrolle ist nicht ratsam.

Funnel und Customer Journey: Schlüsselmomente für Retail Media

Die Customer Journey bildet das Kernstück sowohl im E-Commerce als auch im stationären Laden. Besonders im Online-Shop ist der Checkout Funnel entscheidend. Es gilt: Je tiefer im Funnel, desto problematischer sind Störungen und Anreize zum Absprung. Werbung und Produktempfehlungen müssen einen klaren Mehrwert bieten oder notwendig sein, um den Kaufprozess nicht negativ zu beeinflussen.

Die Zeichnung einer Costumer Journey mit den Phasen suchen, entdeckenm bewerten und prüfuen sowie den Schritten Content Pages, kaufen und Mein Konto wird von links nach rechts dargestellt.
Ein schematisches Diagramm der "Customer Journey" auf einer Website, das die verschiedenen Phasen der Kund*innen – Entdecken, Suchen, Bewerten, Kaufen und Prüfen – bis hin zur persönlichen Kontoverwaltung ("Mein Konto") darstellt, umgeben von Inhaltsseiten ("Content Pages").

Werbung nach dem Kauf gilt als unproblematisch und bietet Potenzial für Werbetreibende, besonders wenn sie verständlich ist und auch später noch Wirkung zeigt. Außerdem gilt: Werbemaßnahmen vor oder zu Beginn des Checkout Funnels sind generell vielversprechend und weniger kritisch, sofern sie als solche erkennbar sind. Möglichkeiten bieten hier u.a. klar gekennzeichnete Werbeflächen auf der Homepage oder auf Landingpages, in Artikellisten oder als Produktkacheln.

Seiten ohne direkte Produktangebote, Kund*innenkonten und Seiten mit Inhalten oder Rabattaktionen bieten ebenfalls gute Werbemöglichkeiten, ziehen jedoch oft weniger Besucher*innen an, was die Werbeeinnahmen senken kann.

Multichannel-Händler*innen profitieren von einer kanalübergreifenden Retail Media Strategie, obwohl dies den Abstimmungsaufwand erhöht. Die Chancen durch die Kombination von Online- und Offline-Werbung sind jedoch deutlich größer. Aktuell bieten nur wenige Anbieter*innen eine solche Plattform, was den Wert individueller oder speziell angepasster Retail Media Lösungen unterstreicht.

Empfehlung: Auch wenn es mühsam erscheint, investieren Sie Zeit in die Entwicklung einer Retail Media Strategie. Analysieren Sie sorgfältig, welche Zielgruppen aus welchen Gründen Interesse an "Werbung im Shop" haben. Identifizieren und integrieren Sie relevante Stakeholder frühzeitig in den Prozess.

Neugierig geworden?

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Fortsetzung folgt: Im zweiten Teil zu Retail Media wollen wir konkret bleiben, zwar ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber eng an den O-Tönen und den Arbeitsgegenständen unserer Ansprechpartner*innen beim Kunden. Dazu schauen wir uns Formate und Inhalte an, um Shop-Werbung zu optimieren.

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