UX und UX-Design ist ein weites Feld und wird oft unterschiedlich interpretiert. In unserer UX-Gilde haben wir zuletzt gemeinsam mit der Designagentur H2D2 aus Berlin über eine Begriffsdefinition diskutiert. Daraus entstanden ist dieser Gastbeitrag von UX/UI-Designer Markus Remscheid, in dem er erläutert, was UX-Design für H2D2 bedeutet.
Jede:r kennt diese Online-Shops, in denen man mehr kauft, als ursprünglich geplant. Dies ist das Ergebnis eines reibungslosen Nutzungserlebnis, bei dem sich die Kund:innen in einem Online-Shop so sicher bewegen, wie in einem perfekt ausgestatteten Ladengeschäft mit aufmerksamer Bedienung.
Dieses Nutzungserlebnis, oder auch UX (= User Experience) genannt, setzt sich aus vielen kleinen Erlebnissen zusammen, die Nutzenden während der Nutzungsdauer mit einem Webservice, wie einem Onlineshop haben.
Vom Aufruf der ersten Seite bis zum Abschicken der Bestellung treffen Anwender zahllose Entscheidungen, derer sie sich teils nicht mal bewusst sind.
Eine gelungene User Experience unterstützt Kund:innen während der gesamten Customer Journey bei ihren Entscheidungen.
Diese verschiedenen Berührungspunkte, die die Nutzenden mit der Anwendung haben, möglichst verlässlich und intuitiv zu gestalten, macht eine gelungene User Experience aus. Denn eine negative Erfahrung an einer beliebigen Stelle der Customer Journey kann zum Verlust des Vertrauens in den Service führen und damit vielleicht auch zum Bestellabbruch.
Deshalb wird jedes Detail eines Webshops mit viel Liebe durchdacht, um für möglichst positive Kund:innenerlebnisse zu sorgen. Doch welche Disziplinen tragen zu einer reibungslosen User Experience bei?
UX-Designer:innen: Nutzende im Fokus
Der Jobtitel der UX-Designer:innen ist in aller Munde. Aber die Bezeichnung kann verwirren. Weder müssen UX-Designer:innen klassische Designer:innen sein, also eine visuelle Ausbildung mitbringen. Noch verantworten sie alleinig die User Experience eines Produktes oder Services. Vielmehr tragen unterschiedliche Disziplinen zur UX einer Anwendung bei. UX-relevant sind beispielsweise UX-Design, UI-Design und die technische Entwicklung.
Ein:e UX-Designer:in hat vor allem die anvisierte Zielgruppe und ihre Bedürfnisse im Blick und legt Funktionsweise und Abläufe des zu entwickelnden Services konzeptionell fest.
Ein:e UX-Designer:in kann verschiedene Schwerpunkte haben:
Um den Nutzendenfokus in der Produktentwicklung zu berücksichtigen, haben wir bei H2D2 beispielsweise eine UX-Designerin mit Fokus UX-Research an Board. Durch qualitative Methoden wie Tiefeninterviews und Beobachtungen ermittelt sie Nutzerbedürfnisse und kann diese beispielsweise in Form von Personas greifbar machen. Auf die Personas kann sich dann das Produktteam bei allen weiteren Entwicklungsschritten stützen.
Ein:e UX-Designer:in mit methodischem Hintergrund kann einen disziplinübergreifenden Design-Thinking-Workshop anleiten, der auf Basis der Ergebnisse aus dem UX-Research, verschiedene Produktideen entstehen lässt.
Ein:e UX-Designer:in mit visuellem Hintergrund hilft dabei, diese Produktideen anhand erster Visualisierungen zu konzeptionieren und verschiedene Nutzungsszenarien durchzuspielen. Dies kann in Form einfacher Wireframes oder interaktiver Lo-Fi-Prototypen geschehen, die dann wiederum anhand der Zielgruppe überprüft werden.
Ist das UX-Design abgestimmt, kommt ein:e UI-Designer:in (UI= User Interface) ins Spiel. Der:die UI-Designer:in arbeitet die Benutzer:innenoberfläche und Abläufe aus und greift dabei auf umfangreiche gestalterische Mittel zurück. Farben, Formen, Größen, Typografie, Animation, Icondesign und Layoutlogiken werden strategisch eingesetzt, um Struktur und Erlebnis zu schaffen. Dabei wirkt sich das UI-Design direkt auf die Nutzendenfreundlichkeit aus (siehe auch "Warum UX- und UI-Design gleich wichtig sind" im H2D2-Blog). Das Markenbild und eventuell bestehende Corporate Design-Richtlinien muss ein:e UI-Designer:in immer im Blick behalten und darauf ein stimmiges Interfacedesign aufbauen.
UX-relevante Disziplinen in einem iterativem und nutzerzentriertem Produktentwicklungsprozess
Die Backend-Entwickler:innen des Entwicklungsteams erarbeiten die technischen Ressourcen und schaffen dank einer flüssigen und reibungslosen Funktionsweise die technische Grundlage für eine gelungene UX. Die Frontend-Programmierung wirkt sich ganz direkt auf die UX aus, da sie die Ideen und Konzepte des UX/UI-Teams in ein lebendiges und funktionierendes Interface überführen. In diesem Schritt ist besonders viel Liebe zum Detail notwendig, damit die Design- und Produktkonzepte auch tatsächlich wie gedacht in das Interface einfliessen und für die Nutzenden erlebbar werden. Tools wie InVision oder Zeplin erleichtern die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Design und Entwicklung und verkürzen die Produktionszeit. Früher mussten wir noch aufwendige Dokumentationen mit Vermassungen und Farbcodes anlegen, um Designs an die Entwicklung zu übergeben. Diese Informationen können nun von den Entwickelnden einfach in den Prototypen eingesehen und Grafiken und Codeschnipsel per Klick heruntergeladen werden.
In einem iterativen Entwicklungsprozess nach Lean-Methodik ist der UX-Prozess jetzt noch nicht abgeschlossen, sondern startet wieder von vorn. Dabei wird der aktuelle Entwicklungsstand immer wieder beobachtet und weiterentwickelt. So wird der Service weiter verbessert, ausgebaut und zunehmend auf die Bedürfnisse und Wünsche der Nutzenden optimiert.
Fazit
An einer positiven Nutzendenerfahrung sind unterschiedliche Disziplinen beteiligt. Wenn alle UX-relevanten Disziplinen an einem Strang ziehen, ist der Weg für überzeugende Ergebnisse frei.
Dabei hilft eine disziplinübergreifende Denkweise jedes Einzelnen, um im Team voneinander zu lernen und den eigenen Tunnelblick zu vermeiden. Denn die engen Grenzen, die durch Silodenken entstehen können, gilt es zu überwinden. So öffnet sich der Raum für bestmögliche und innovative Lösungen. Und inmitten der digitalen Transformation sind diese gefragter denn je.