15.11.2017 von Christina Drees

Den Ausgangspunkt für diesen Workshop bildete der Wunsch unter uns Projektleitenden bei neuland, unser Wissen über agile Projektmanagement-Methoden zu validieren, neue Erkenntnisse zu sammeln und uns über unsere Projekte hinweg auszutauschen.
Als Referenten und Coach hatten wir uns den Agilosophen Stefan Lange eingeladen.

Scrum und Kanban sind für uns nicht neu, denn bereits im Jahr 2006 kam Scrum in den ersten Kundenprojekten bei neuland zum Einsatz. Fast alle Projektleitenden sind zertifizierte Product Owner oder haben eine Scrum Master-Ausbildung. Wir unterstützen den erfolgreichen Einsatz agiler Methoden und bringen einen großen Erfahrungsschatz in unserer Domäne E-Commerce mit. Die Nutzung agiler Methoden verläuft nicht immer problemlos. Gerade, wenn man ein Projekt über einen längeren Zeitraum betreut, ist es gut, dann und wann ein paar Schritte zurückzutreten, sich die Schwierigkeiten aus einer anderen Perspektive anzusehen und Lösungsansätze zu diskutieren.

Deshalb war ich sehr gespannt, was ich für mich und meinen Projektalltag mitnehmen würde. Hier meine Top 7 - nicht alles neue Erkenntnisse, aber es war gut, sich diese nochmal zu vergegenwärtigen:

  1. Jedes Produkt (und jedes Projekt) braucht eine Vision. Was ist das, was wir damit erreichen wollen? Sind alle Projektbeteiligten mit der Vision vertraut? Hilfreich ist dabei das Tool "Product Canvas" (z. B. von Roman Pichler). Es lässt sich auf alle Produkte anwenden. Versucht man das mit einem bestehenden Produkt, fällt es einem natürlich deutlich leichter, alle Felder auszufüllen. Eingesetzt im Entstehungsprozess eines neuen Produkts führt das Ringen um die Formulierung der Vision, die Suche nach einem Produktnamen, die Beschreibung der Personas, das Aufzeigen des Big Picture, sowie die Formulierung der Produktfeatures und deren Priorisierung dazu, die Richtung, in die es geht, zu erkennen und dabei immer den Nutzen für den Kunden im Auge zu haben.
  2. Warum werden agile Projektmanagement-Methoden eingesetzt?
  • Minimierung des Risikos
  • Kontinuierliche Verbesserung des Prozesses
  • Komplexität handhabbar machen
  1. Elemente der Agilität:
  • Mindset der Menschen - Das agile Manifest
  • Rahmen gebende Methoden
  • Agilität in der Organisation
  • Geschäftsverständnis
  1. Gute Zusammenarbeit zwischen den Projektbeteiligten basiert auf dem Verständnis, mit wem wir zusammenarbeiten und inwieweit es sich um eine agile Organisation handelt. Hilfe bei der Einordnung gibt das fünfstufige Organisations-Modell von Frederic Laloux aus dem Buch "Reinventing Organizations", das mit folgenden Metaphern arbeitet:
  • "Wolfsrudel" (impulsiv handelnder und kämpfender Stamm, dessen Anführer mit Angst führt und Gehorsam einfordert)
  • "Militär" (traditionell-konformistisch, mit höchst formalisierten Rollen innerhalb einer hierarchischen Pyramide)
  • "Maschine" (moderne, leistungsorientierte Konzerne, auf Effizienz getrimmt sind und darauf, besser als die Konkurrenz zu sein)
  • "Familie" (postmodern und pluralistisch, mit Fokus auf Kultur und gemeinsame Werte)
  • "Lebendiger Organismus" (integral und evolutionär, basierend auf Selbstorganisation, einen ganzheitlichen und evolutionären Zweck verfolgend)
  1. Customer Centricity - nicht nur für die Onlineshop-Kunden, sondern insbesondere die Frage danach, welche Erwartungen unsere Kunden an uns haben und für welche Probleme wir eine Antwort haben müssen.
  2. Scrum ist eine agile Produktentwicklungsmethode.
    Sie besteht aus der Vision, dem MVP, der Value-Box, den Sprints, der Reduzierung des Risikos, dem Estimation, dem Dreieck mit den Stellschrauben "Time-Scope-Budget" und der Planungssicherheit bzgl. der Kosten. Das Projekt-Controlling hingegen gehört nicht dazu.
  3. Kanban lässt sich gut bei evolutionärem Change-Management einsetzen.
    Das Board bildet die Wertschöpfungskette und den Flow ab. Der Fluss lässt sich steuern und messen. WIP-Limits (Work-in-Progress) müssen gesetzt und Regeln sichtbar gemacht werden. Sowohl Push als auch Pull zwischen den Spalten ist möglich. Oft tut Kanban weh, weil es den Finger in die Wunde legt.

In diesem Zusammenhang sei noch der spannende Artikel mit dem Titel "Why agile isn't working?" von John Cutler erwähnt, der die Stolpersteine in agilen Projekten mittels ein paar anschaulicher Abbildungen verdeutlicht.